Milet

Milet
Mi|let:
altgriechische Stadt.

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Milet,
 
griechisch Mịletos, bedeutende altgriechische Hafenstadt im westlichen Kleinasien, an der Mündung des Mäander (heute Büyük Menderes) ins Ägäische Meer; die Ruinenstätte liegt heute etwa 9 km vom Meer entfernt. Schon um 1600 v. Chr. kretische, dann mykenische Faktorei, stieg Milet seit der Neugründung durch ionische Griechen (etwa 1000 v. Chr.) zu einer der mächtigsten Städte Ioniens auf und wurde zu einem Zentrum der griechischen Kultur. Während der Hauptblütezeit im 7./6. Jahrhundert v. Chr. wirkten hier u. a. Thales, Anaximander und Anaximenes; seit 630 v. Chr. wurden von Milet aus etwa 90 Kolonien (v. a. am Schwarzen Meer) gegründet. 546 kam die Stadt unter persischer Herrschaft und wurde 494 nach dem missglückten Ionischen Aufstand von den Persern zerstört. Nach dem Sieg der Griechen bei Mykale 479 v. Chr. wurde Milet neu aufgebaut. Im Peloponnesischen Krieg stand Milet zunächst auf athenischer, ab 412 auf spartanischer Seite. Ab 401 wieder unter der Oberhoheit der Perser, wurde Milet 334 von Alexander dem Großen erobert. 133 v. Chr. mit Pergamon an Rom gekommen, erlebte Milet in der Kaiserzeit eine neue Blüte. In frühchristlicher Zeit besuchte der Apostel Paulus die Stadt, die später Bischofssitz wurde. In spätantiker Zeit versandeten die Häfen, und Milet hatte nur noch geringe Bedeutung; im 12. Jahrhundert gründeten die Seldschuken eine Niederlassung, auf dem Theaterhügel wurde ein byzantinisches Kastell errichtet. Im 13. Jahrhundert war der Ort als Sitz lokaler türkischer Herren Handelsplatz (Reste einer Moschee von 1404); 1424 wurde das Gebiet endgültig von den Osmanen erobert.
 
Deutsche Ausgrabungen seit 1899 klärten v. a. das hellenistische Stadtbild und stießen zunehmend auch in ältere Schichten vor. Hauptheiligtümer waren der Tempelbezirk des Apollon Delphinios an der tief einschneidenden »Löwenbucht« (nach zwei aufgefundenen Löwenplastiken) und der des Athenetempels im W. Beide Bezirke zeigen dichte archaische und ältere Siedlungsbeweise unter der Bebauung des 5. Jahrhunderts v. Chr. Im Bereich des Athenetempels stießen die Ausgräber auf kleine mit Stuck versehene Häuser kretischen Typs (16. Jahrhundert v. Chr.). Unter dem Pronaos des klassischen Athenetempels des 5. Jahrhunderts wurde ein Antentempel festgestellt (7. Jahrhundert v. Chr., im 6. Jahrhundert v. Chr. erneuert) und darunter ein Megaronbau des 14. Jahrhunderts v. Chr., der im 13./12. Jahrhundert und noch in submyken. Zeit als Tempel diente. Reste einer spätmyken. Schalenmauer von 6 m Dicke (um 1300 v. Chr.) wurden gesichert (durch Anastylose). Aus dem 12. Jahrhundert v. Chr. stammen auch hethitische Funde; die Keramikfunde stammen v. a. aus minoischer (16. Jahrhundert), mykenischer, protogeometrischer und geometrischer Zeit (9. und 8. Jahrhundert v. Chr.). Die archaische Stadt (7./6. Jahrhundert) bedeckte ein weites Areal. Die Stadt der hellenistischen und römischen Epoche war von einer 5,5 km langen Mauer umgeben; sie besaß vier Häfen, war nach hippodamischem System angelegt, hatte drei von Hallenbauten umgebene Marktplätze (Agora), mehrere Thermen, Gymnasion, Buleuterion (um 175-164), Nymphaeum (79/80), Tempel des Äskulap, Tempel des Königs Eumenes II. Soter von Pergamon, der auch das Stadion errichten ließ (römisch verändert), sowie Tempel des Dionysos (Anfang 3. Jahrhundert v. Chr.) und der Demeter (Mitte 3. Jahrhundert v. Chr. ?). Gut erhalten sind das unter Nero und Trajan völlig erneuerte Theater (30 000 Plätze) und die Thermenanlage der Kaiserin Faustina der Jüngeren Das unter Hadrian errichtete zweistöckige Markttor von der 200 m × 164 m großen Südagora ist ein repräsentatives Werk hellenistisch-römischer Kunst (Berlin, Pergamonmuseum). Milet war mit der nahe gelegenen griechischen Orakelstätte in Didyma durch eine heilige Straße verbunden. - Einige der antiken Gebäude wurden im 5./6. Jahrhundert durch christliche Kirchen überbaut: An der Stelle des Dionysostempels entstand eine Michaelskirche mit Palastkomplex (Bischofspalast), an der Stelle eines früher als Asklepieion gedeuteten späthellenistischen Hofkomplexes nordöstlich der Süd-Agora die so genannte Große Kirche; außerdem Reste einer Rundkirche (5. Jahrhundert) und einer Synagoge (1. Jahrhundert).
 
 
M. Ergebnisse der Ausgrabungen u. Unters.. .., hg. v. T. Wiegand u. a., 20 Tle. (1906-73);
 G. Kleiner: Die Ruinen von M. (1968);
 G. Kleiner: Das röm. M. (1970);
 V. M. Strocka: Das Markttor von M. (1981);
 
M. 1899-1980. Ergebnisse, Probleme u. Perspektiven einer Ausgrabung, hg. v. W. Müller-Wiener (1986);
 W. Koenigs: Westtürkei. Von Troja bis Knidos (Neuausg. 1991).
 

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Mi|let: altgriechische Stadt.

Universal-Lexikon. 2012.

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